Monday, August 31, 2009

Telefonwerbung: Hilfe zur Selbsthilfe

Nicht einmal in Zürich ist man sicher: Ich sitze gerade an meinem Schreibtisch und habe nachlässigerweise noch immer die österreichische SIM-Karte in meinem Handy, als dieses plötzlich läutet. Nummer unterdrückt.

Im Grunde genommen weiß ich ja, dass es nur ein Werbeanruf sein kann. Manchmal beschließe ich dann, einfach nicht abzuheben. Aber falls ich gerade Zeit habe, nehme ich solche Anrufe offen gestanden sogar recht gerne entgegen. Nicht um etwas zu kaufen, nein. Sondern einerseits als nettes Rhetoriktraining für Zwischendurch, und andererseits, weil diese Firmen erfahrungsgemäß sonst alle zwei Tage wieder anrufen in der Hoffnung, dass man irgendwann doch abhebt. Die einzige mir bekannte effektive Methode, diese lästigen Anrufe für eine längere Zeit loszuwerden, ist sich in der internen Kundendatei einen großen schwarzen Punkt mit der Beschriftung "unkooperativer Kunde" einzuhandeln.

Also hebe ich mit einem "Guten Tag?" ab.
Telefonistin: "Guten Tag, hier Marie Namevergessen von Euromillionen! Spreche ich mit Frau Schmidt?"
Ich: "Möglich."
Telefonistin, ganz leicht verunsichert: "Frau Birgit Schmidt?"
Ich: "Worum geht es?"
Telefonistin, wieder voll in ihrem Element: "Frau Schmidt! Ihre Telefonnummer ist ausgewählt worden um bei einem speziellen Angebot mitzumachen. Sie müssten nur eine leichte Frage beantworten!"
Ich, zugegebenermaßen neugierig auf die Frage: "Wie lautet die Frage?"
Telefonistin: "Was ist der aktuelle Werbespruch der Euromillionen-Lotterie? [Verdammt, den weiß ich nicht, denke ich mir.] a) "Freude am Fahren" oder b) "Werden Sie reicher als reich!"?
Ein bisschen würde es mich schon reizen, a) zu antworten. Aber nicht heute. Ich: "b)."
Telefonistin: "Gratulation! Damit haben Sie den Joker, und mit dem bekommen Sie nun unglaubliche 1000 voll ausgefüllte Lottoscheine im Wert von mehr als 1200 Euro, und spielen den ganzen Glücksmonat Oktober lang gratis Lotto! Sie bekommen von uns ... [Ab hier merkt man klar, dass Sie den Text von einem Zettel herunterliest, und der Monolog geht in dieser Tonart noch ein oder zwei Sätze weiter. Nach etwa 20 Sekunden beschließe ich, die Sache abzukürzen.] ... und Sie gewinnen dadurch ..."
Ich: "Tut mir Leid, ich habe kein Interesse, und ich habe keiner telefonischen Werbung zugestimmt und soweit ich weiß, ist diese Form von Werbung in Österreich damit nicht zulässig."
Telefonistin, etwas aus dem Konzept: "Wieso in Österreich nicht zulässig, wer sagt das?"
Ich: "Der Konsumentenschutz. Telefonwerbung ist in Österreich nur zulässig mit der ausdrücklichen Zustimmung vom Angerufenen, und die habe ich nie gegeben."
Telefonistin, hat anscheinend kurz den Faden verloren: "Ja, in Österreich, aber Frau Schmidt, Sie sind von uns ausgesucht..."
Ich: "Also auf Wiederhör..."
Telefonistin, hat offensichtlich auf ihrem Skript wieder einen Anhaltspunkt gefunden und platzt mir ins Wort: "Aber jeder gewinnt doch gerne, oder? Und Sie können jetzt den ganzen Glücksmonat Oktober lang gratis Lotto spielen. Sie bekommen von uns ... [fängt an, ziemlich wortwörtlich den Text von vorher zu wiederholen] ... völlig unverbindlich ..."
Ich: "Danke, den Text kenne ich schon. Ich habe keinen Werbeanrufen zugestimmt, und ich möchte nicht mehr angerufen werden."
Telefonistin, aus dem Konzept und empört: "Was soll das heißen, Sie wollen nicht mehr angerufen werden? Dann müssen Sie eben Ihr Telefon verbrennen! Was ist denn das für eine dumme Aussage?"
Ich, betont ruhig und höflich: "Werden Sie bitte nicht aggressiv."
Telefonistin, immer noch in Rage: "Ich bin nicht aggressiv!! Aber was ist das für eine Aussage? Sollen wir Sie denn in Zukunft vorher anrufen um zu fragen, ob wir anrufen dürfen?!"
Ich: "Ich bin sicher Sie wissen genau, dass diese Art von Werbung verboten ist, und ich würde jetzt bitte gerne auflegen."
Telefonistin, vermutlich frei improvisierend: "Also ich wüsste nicht, wieso das verboten sein sollte."
Ich: "Weil ich keine Zustimmung gegeben habe, und aus der Tatsache, dass Sie mit unterdrückter Nummer anrufen, wage ich zu schließen, dass Ihre Firma sehr genau weiß, dass das nicht legal ist."
Telefonistin, offensichtlich wieder den vorgeformten Antworten für widerspenstige Kunden folgend: "Aber das ist ja kein Werbeanruf, sondern wir machen Ihnen ein Angebot. Das dürfen wir schon. Und Frau Schmidt, Sie können jetzt bis zu 10 Millionen Euro gewinnen, ... [fängt wieder an, den aufgeschriebenen Werbetext abzulesen]"
Ich: "Ich bin im Moment im Ausland und habe wahrscheinlich schon durch die Roaminggebühren mehr verloren, als ich gewinnen könnte. Auf Wiederhören."
Damit lege ich nun doch auf ohne auf weitere Antwort zu warten. Offensichtlich ist "Geben Sie auf und beenden Sie das Gespräch." in ihrem Skript nicht vorhanden.

Nach diesem exemplarischen Beispiel mit dem beispielhaften Exemplar der Gattung "CallCenter-TelefonistIn", nun doch ein paar nützliche Informationen:

Rechtliches:
Tatsächlich sind Werbeanrufe in Österreich nicht gestattet, außer mit vorheriger schriftlicher(!) Zustimmung des Kunden. (Details wissen die AK und der Konsumentenschutz, aber das ist so in etwa die Kernaussage.) Bei 9 von 10 Anrufen (Achtung, nur persönlicher Schätzwert) haben die Anrufer diese Zustimmung nicht. In den restlichen 10% der Fälle haben sie sie erhalten durch irgendwelche kleingedruckten Zusatztexte auf Gewinnspielen und dergleichen, also mehr oder weniger ohne, dass der Kunde das tatsächlich beabsichtigt hatte. Auch diese Zustimmungen sind eher in einer rechtlichen Grauzone. Wenn man gegen seinen Willen angerufen wird, ist man also in so gut wie allen Fällen im Recht.

Die Rufnummern werden von Callcentern daher vorwiegend deshalb unterdrückt, damit die bestenfalls grenzlegalen Anrufe nicht zurückverfolgt werden können. In Deutschland wird das Unterdrücken der Rufnummer bei Werbeanrufen seit einer Gesetzesnovelle mit Geldbußen bis zu 10000 Euro geahnded (falls der Anrufer halt ausfindig gemacht werden kann); ein ähnliches Gesetz in Österreich soll folgen. Bis zu 50000 Euro Strafe drohen Firmen in Deutschland für ungenehmigte Werbeanrufe, Österreich soll auch diesbezüglich nachziehen.

Selbstschutz:
Sieht man davon ab, dass Werbeanrufe lästig sind, führen sie auch recht oft zum Abschluss von Verträgen, die der Kunde gar nicht haben wollte. Das Widerrufsrecht für telefonisch geschlossene Verträge ist sehr lückenhaft -- so sind beispielsweise Lotterien unter gewissen Umständen davon ausgenommen --, man sollte sich darauf also nicht verlassen. CallCenter-TelefonistInnen sind gut darauf geschult, Kunden an der richtigen Stelle das fatale "ja" zu entlocken, das tatsächlich als Vertragsabschluss gilt und nicht immer widerrufen werden kann. Ein beliebter Trick besteht zum Beispiel darin, dem Kunden einzureden, er würde nur dem Zuschicken unverbindlicher Informationsmaterialen zustimmen.

Neben versehentlichen Zustimmungen jeglicher Art sind CallCenter aber oft auch einfach an den genauen Daten der Kunden interessiert. Was das Herausgeben jeglicher persönlicher Daten betrifft, sei es Geburtsdatum, Adresse oder gar Kontonummer, ist jedenfalls immer ein gewisses Maß an übermäßiger Paranoia angeraten. Insbesondere, wenn man bedenkt, dass Kontonummer und Name ausreichen, um Geld vom Konto abbuchen zu lassen. Das kann man zwar innerhalb von 42 Tagen von der Bank zurückbuchen lassen; aber wehe, man übersieht diese Frist.

Hinter den Kulissen:
CallCenter sind oft rechtlich nicht offiziell mit den Firmen verbunden, für die sie werben. Eine Lotto-Spielergemeinschaft kann beispielsweise den Namen EuroMillionenSpiel wählen, wodurch sie sich rechtlich vom eingetragenen Namen EuroMillionen unterscheiden.

Grundsätzlich zielen Werbeanrufe auf die 80% (wiederum Schätzwert meinerseits) der Menschheit ab, die sowieso nicht Nein sagen können. Nachdem diese Gruppe durch wiederholte Exposition schön langsam auch resistenter wird und anfängt, sich zu wehren, zielen immer mehr CallCenter auch ab auf die Leute, die zustimmen, wenn man ihnen nur ein bisschen gut zuredet.

Ziel der TelefonistInnen ist im Allgemeinen ein möglichst schneller Vertragsabschluss. Je nachdem, wie unseriös das CallCenter ist, kann dabei bewusst darauf abgezielt werden, dass der Kunde nicht bemerkt, dass er eine rechtlich bindende Zustimmung zu irgendwas gegeben hat -- bis es zu spät ist. Die andere Variante des Spiels besteht darin, dem Kunden eine ausreichend klare Zustimmung zu entlocken, dass man ihm später einreden kann, er habe das falsch verstanden, und der Vertrag sei rechtlich bindend (auch wenn das vielleicht gar nicht der Fall ist).

Besonders aggressive Verkaufstaktiken sind oft ein Hinweis darauf, dass TelefonistInnen zusätzlich zu ihrem Gehalt Provisionen für Vertragsabschlüsse erhalten oder, noch extremer, nur durch Provisionen bei Erfolg bezahlt werden.

CallCenter-TelefonistInnen erhalten üblicherweise vorgegebene Skripte, in denen wichtige Texte vorgeschrieben sind, und die alle üblichen Gesprächsverläufe abdecken. Diese Skripte enthalten alles, was gesagt werden kann und soll, von der richtigen Begrüßung bis zu den Fragen, die dem Kunden gestellt werden sollen, und den Antworten auf seine Auskünfte.

Meistens gibt es in diesem Skripten auch eine Sektion für unkooperative Kunden, wo brauchbare Antworten parat sind für Leute, die sich partout wehren wollen. "Aber jeder gewinnt doch gerne!" aus obigem Gespräch ist eine ganz typische solche Antwort, die dazu dient, die Kritik des Kunden zu unterbinden. "Verreisen Sie denn nicht gerne?" ist eine weitere solche Gegenfrage. Beidem kann der Kunde eigentlich nur zustimmen, wodurch er dem/der TelefonistIn Recht geben muss und sich dann leichter wieder in ein Verkaufsgespräch verwickeln lässt.

Tipps für den Umgang mit unerwünschten Werbeanrufen:
Häufigster Fehler von Leuten, die eigentlich nichts kaufen wollen, ist mit dem Anrufer oder der Anruferin sachlich darüber zu argumentieren. Argumente wie "Nein danke, ich kaufe nie Tiefkühlprodukte." ("Wie können Sie denn wissen, dass es schlecht ist, wenn Sie es noch nie versucht haben?"), "Im Lotto gewinnt man ohnehin nie." ("Aber Sie bekommen die Scheine doch gratis, da können Sie nur gewinnen.") oder "Ich habe im Moment keine Zeit für Urlaub." ("Das Angebot ist ein ganzes Jahr gültig, da werden Sie doch wohl ein Wochenende Zeit haben?") sind von Vornherein zum Scheitern verurteilt. Der Anrufer hatte viel Zeit, sich auf genau solche Argumente vorzubereiten, hatte dabei Unterstützung von Marketingexperten, und hat genau die gleichen Argumente auch schon von den letzten 20 Angerufenen zu hören bekommen. Wer versucht, sich da unvorbereitet auf eine sachliche Diskussion einzulassen, hat schon verloren.

Ähnliches gilt für den Versuch, das Verständnis des Anrufers zu gewinnen. Manche unfreiwilligen Kunden versuchen, dem Anrufer Vernunft einzureden, zum Beispiel: "Schauen Sie, Sie ärgern sich ja wahrscheinlich auch darüber, wenn Sie ihn Ihrer Freizeit von irgendwelchen Firmen angerufen werden.". Obwohl gut gemeint und sogar ein Versuch, mit dem eigentlich lästigen Gegenüber eine persönliche Verbindung aufzubauen und Frieden zu schließen, ist die Strategie ausreichend häufig, dass geschulte TelefonistInnen Antworten darauf parat haben, zum Beispiel "Nein, ich freue mich eigentlich immer, wenn ich überrasched tolle Angebote bekomme. Und wir bieten Ihnen jetzt ja auch...". Und schon ist man wieder mitten im Verkaufsgespräch. Und hat noch dazu das erste Argument verloren. Beste Voraussetzung für den Verkäufer für einen Sieg nach Punkten.

Noch vor einem weiteren häufigen Fehler möchte ich abraten, nämlich kurzerhand kommentarlos aufzulegen, wenn das Gespräch kritisch wird und einem die Gegenargumente ausgehen. Üblicherweise wird der Anrufer daraufhin nocheinmal anrufen, und dieses zweite Gespräch beginnt dann mit einer Moralpredigt darüber, wie unhöflich das Auflegen gerade war. Damit ist man moralisch ins Hintertreffen geraten, und der Anrufer wird ab diesem Punkt recht gezielt Schuldgefühle schüren und versuchen, den Kunden dazu zu bringen, aus schlechtem Gewissen nun doch etwas zu kaufen. Als Kunde bleiben einem damit nur die Alternativen, entweder einen Vertrag abzuschließen, den man nicht will, oder mit schlechtem Gewissen abzulehnen. Tatsache ist, dass es der Anrufer war, der kein Recht hatte, anzurufen. Wenn man also wirklich wirklich keinen anderen Ausweg sieht, als aufzulegen -- es gibt tatsächlich Anrufer, bei denen die einzigen zwei möglichen Gesprächsausgänge der Abschluss eines Vertrages oder das Auflegen durch den Kunden sind --, dann sollte man das zumindest mit einem Kommentar tun, der die Schuld daran beim Anrufer platziert, beispielsweise "Das Gespräch ist sinnlos, Sie hören mir ja überhaupt nicht zu.". Besonders effektiv ist das dann, wenn man es zufällig schafft, den Anrufer damit tatsächlich dazu bringt zu glauben, dass er irgendwas aus seiner Einschulung nicht gut umgesetzt hat.

Nach diesen einleitenden Warnungen möchte ich ein paar Strategien nennen, die sich meiner bescheidenen Erfahrung nach bewährt haben.

Strategie 1: Höflich ablehnen ohne weitere Begründung.
Der schnellste Weg, lästige Anrufer loszuwerden, ist ein höfliches Nein ohne weitere Erklärung. Jeder sachliche Zusatz und jede Ausrede ist ein Anhaltspunkt für den Anrufer, mit dem er einen in ein sachliches Gespräch verwickeln kann. Aus den gerade beschriebenen Gründen ist das genau das, was es zu vermeiden gilt, sonst hängt man mindestens 5 Minuten am Telefon.

Auf jedes oben beschriebene "Nein danke, ich kaufe nie Tiefkühlprodukte.", oder "Nein danke, ich habe schon einen Toaster.", oder "Tut mir Leid, ich habe momentan kein Geld dafür." folgt sofort ein geschicktes Verkaufsargument. Davon abgesehen platziert jede Ausrede oder Entschuldigung den Angerufenen in der moralisch schlechteren Position -- jedes "Nein danke, weil..." oder "Tut mir Leid, aber..." impliziert, dass der Kunde glaubt, eigentlich müsste er was kaufen, und daher muss er sich nun wenigstens dafür entschuldigen oder rechtfertigen, warum er das nicht tut. Ab diesem Punkt braucht der Anrufer dem Kunden nur noch einreden, wie falsch, feige und fehlerhaft diese Ausrede war, und schon hat er den Vertrag.

Folglich: "Nein danke." Und dann Stille. In 9 von 10 Fällen, meiner Erfahrung nach, wird der Anrufer darauf sagen: "Okay, schönen Tag noch!" und auflegen.

Eine kleine Variante des Themas ist "Tut mir Leid, kein Interesse.". Auch wenn es mit dem gerade verpönten "Tut mir Leid" beginnt, besteht ein subtiler Unterschied. Ersteres ist ein "Tut mir Leid, ich finde ja eh, dass ich Ihnen was abkaufen sollte, aber ich möchte nicht.", letzteres ist einfach ein "Tut mir Leid für Sie, aber bei mir ist nichts zu holen.".

Strategie 2: In Frage stellen der Seriosität des Mediums Telefon.
So verlockend es ist, die anrufende Firma direkt anzugreifen und deren Seriosität in Frage zu stellen -- darauf sind die Anrufer gefasst und haben Gegenargumente. "Aber wir sind doch eine der größten Zeitungen Österreichs, wir könnten uns das gar nicht leisten, etwas Unseriöses zu tun und so unserem guten Ruf zu schaden." Aber am Medium, das sie verwenden, können sie nichts leugnen. Diese Strategie eignet sich besonders dann, wenn Strategie 1 versagt hat und der Anrufer nach dem "Nein danke." noch nicht aufgeben will. Daher: "Ich kaufe grundsätzlich nichts über das Telefon." oder dergleichen.

Sollte der Anrufer danach immer noch nicht aufgegeben haben, kann man durchaus auch etwas offensiver werden. Zum Beispiel: "Schauen Sie, man hört ja immer wieder, wieviel Betrug bei diesen Telefonverkäufen passiert. Ich will ja nicht sagen, dass Sie oder Ihre Firma Betrüger sind, aber... ausschließen kann ich es ehrlich gesagt auch nicht." Damit bleiben dem Anrufer nicht mehr viele Argumentationsmöglichkeiten. Und er kann davon ausgehen, dass man zu nichts zustimmen wird, er also so gut wie sicher keinen Vertrag mehr abschließen wird können. Damit treten die meisten dann den geordneten Rückzug an, betonen noch einmal die lauteren Absichten der Firma und weisen auf die Homepage hin, und legen dann auf.

Sollte der Anrufer sich schon von Anfang an durch besonders aggressive Verkaufstaktik hervorgetan und das "Nein danke" völlig übergangen haben, kann man natürlich auch gleich zur offensiven Variante übergehen. Meine Antwort auf "Verreisen Sie denn nicht gerne?" war in so einer Situation einmal "Doch, aber nicht über irgendwelche ominösen Angebote am Telefon.". Die Telefonistin hat daraufhin erbost "Auf Wiederhören!" in den Hörer gefaucht und mit viel Schwung aufgelegt.

Strategie 3: Hinweisen auf die rechtliche Situation ohne eingehen auf den Inhalt.
Diese Strategie ist die im obigen Beispiel verwendete. Ziel ist dabei nicht, das aktuelle Gespräch zu "gewinnen" oder möglichst schnell zu beenden, sondern der Firma klar zu machen, dass man über die rechtliche Situation Bescheid weiß und auch gewillt ist, sein Recht durchzusetzen. Da für die Firmen hier viel auf dem Spiel steht, ist es unwahrscheinlich, so ein Gespräch zu einem friedlichen Ende führen zu können. Der Effekt ist dafür langfristiger gesehen, dass erstens die Firma aus Angst vor einer Anzeige so schnell nicht wieder anrufen wird, und zweitens, dass die Firma zu verstehen bekommt, dass immer mehr Kunden über ihre Rechte Bescheid wissen.

Die Strategie besteht darin, ruhig und höflich, aber völlig unmissverständlich, immer wieder auf die Illegalität des Vorgehens der anrufenden Firma hinzuweisen. Größtes Caveat dabei ist, sich auf keinen Fall auf inhaltliche Diskussionen einzulassen. Was der Anrufer tatsächlich verkaufen will, ist völlig irrelevant, er hat einfach nicht das Recht dazu. Mit jedem Argument über die Fragwürdigkeit des Angebotes selbst hat man sich schon wieder auf das gefährliche Terrain der sachlichen Diskussion begeben. Zur Diskussion steht nicht das Angebot, sondern einzig und allein der Anruf.

Zweiter möglicher Fehler ist, selbst aggressiv oder beleidigend zu werden. "Nur wer im Unrecht ist, braucht Gewalt," heißt der Spruch zu dem Thema, und das gilt auch verbal. Im obigen Gespräch war es eindeutig die Telefonistin, die unter Druck plötzlich persönlich und beleidigend geworden ist; keine gute Voraussetzung für eine Anstellung in seriöseren CallCentern übrigens, und ein weiterer Hinweis darauf, das der Anruf von einem der schwarzen Schafe in der Branche kam. Auf keinen Fall will man sich jedenfalls selbst auf so eine Schlammschlacht einlassen. (Wobei ich ja zugebe, dass mein eigener Tonfall in diesem Gespräch stellenweise durchaus auch ein wenig in den patzigen Bereich abgerutscht sein mag.)

Strategie 4: Den rechtlichen Weg gehen und Anzeige erstatten.
Sollte ein CallCenter zu aufdringlich werden und immer wieder anrufen, kann es sich auszahlen, rechtliche Schritte einzuleiten. Nachdem ich das noch nie gemacht habe, kann ich dazu nicht viel aus persönlicher Erfahrung sagen. Grundsätzlich gilt es aber, so viel wie möglich über den Anrufer und die dazugehörige Firma in Erfahrung zu bringen, bevor man auflegt. Besonders wichtig sind dabei der Name des Anrufers, den man vielleicht gleich am Anfang in Erfahrung bringen kann mit einem freundlichen "Entschuldigung, mit wem spreche ich bitte?", sowie der Name der Firma und, am wertvollsten, eine Rückrufnummer. Eventuell muss man dazu also eine Zeit lang Interesse und Naivität heucheln, um die entsprechenden Daten in Erfahrung zu bringen. Hat man alles beisammen, beendet man das Gespräch mit irgendeiner Ausrede -- "Das Angebot klingt sehr interessant, aber ich möchte doch zuerst noch mit meinem Partner darüber reden. Wie kann ich Sie denn zurückrufen?" bietet sich an --, und füllt dann das Formular der Arbeiterkammer aus, um Anzeige zu erstatten. Mir persönlich ist der Weg ein wenig zu hinterhältig, aber sollte mich ein CallCenter eines Tages wirklich wirklich ärgern, werde ich ihn gehen.

Was die Hinterhältigkeit betrifft: Leider ist es ohne ein bisschen davon kaum möglich, genug Daten zu sammeln, um die Firma überhaupt einwandfrei identifizieren zu können. Und ich möchte nicht gerade die wenigen Firmen anzeigen, die die Nummer nicht unterdrücken, weil das nur noch mehr die Motivation zum Unterdrücken der Nummern steigert. Die dunkelgrauen Schafe anzugreifen wird die Anzahl der schwarzen Schafe nicht gerade verringern.

Was Amüsantes zum Schluss:
Es haben sich auch schon Leute vor mir Gedanken gemacht über die Gegenwehr bei unerwünschten Anrufen. Hier gibt es Strategie 5: Das Gegenskript.

lG Birgit

Sunday, August 30, 2009

Stilblüten

Martin: "... und pünktlich um ein Uhr Mitternacht ..."

Saturday, August 29, 2009

Wednesday, August 26, 2009

Aber nicht umgekehrt

Zitat von einer Homepage, sinngemäß: "Man kann zwar gleichzeitig A und B haben, aber nicht umgekehrt."

Da hat wohl jemand das nicht kommutative "und" eingeführt...

lG Birgit

Monday, August 24, 2009

Einfach und sicher

Aus der Werbung einer Partnervermittlung: "Finden Sie nicht auch, dass Liebe viel zu wichtig ist, um sie dem Zufall zu überlassen? be2 hilft Ihnen, die Liebe Ihres Lebens zu finden, einfach und sicher. (...)"

Eigentlich schon beim ersten Satz, spätestens aber bei "einfach" und "sicher" in einem Satz mit "Liebe" ist klar, irgendjemand hat da das Konzept von "Liebe" nicht einmal ansatzweise verstanden...

lG Birgit

Lang lebe Windows XP

Seit drei Tagen habe ich nun Windows 7 testweise installiert (auf einem HP 8530w), und während dieser drei Tage hat Windows 7 bei mir vorwiegend Minuspunkte gesammelt. Schon beginnend bei der Installation: Iiiiih, das schaut ja genauso aus wie Vista. (Bei einem Betriebssystem, das auf so wenig Gegenliebe gestoßen ist wie Vista, hätte man finde ich alles, was auch nur entfernt daran erinnern könnte, einstampfen sollen.)

Die Benutzeroberfläche schaut auf den ersten Blick ganz nett aus, man hat sich einiges einfallen lassen, um die Konfiguration einfacher zu machen. Allerdings hält dieser Eindruck nur solange an, bis man draufkommt, dass dahinter nach wie vor die gleiche Bedienung steckt wie bei XP. Die hübsche Oberfläche nimmt einem zwar die ersten drei Klicks ab, danach landet man aber wieder in den altbekannten Dialogfeldern. Insgesamt wirkt die Überarbeitung der Benutzerführung daher sehr halbherzig gemacht.

Das Finden der Treiber funktioniert im Großen und Ganzen automatisch, was angenehm ist. Noch angenehmer wäre es natürlich, wenn er alle Treiber finden würde. Überhaupt nicht erkannt wird anscheinend die Grafikkarte; er schafft zwar die Auflösung, die ich haben will, beklagt sich aber selbst bei Solitaire, dass die Hardwarebeschleunigung vom installierten Grafiktreiber nicht unterstützt wird. (Außerdem interessant ist, dass die Bildschirmschoner nicht laufen, weil die Grafikunterstützung zu schlecht sei. Ich frage mich wirklich, wozu ein 08/15 Bildschirmschoner eine Grafikkarte überhaupt brauchen sollte.) Nachdem ich weiß, *dass* meine Grafikkarte recht gut ist, ist das etwas enttäuschend.

Ebenfalls enttäuschend ist die Tatsache, dass mein Touchpad nicht automatisch als solches erkannt wurde, sondern stattdessen als "Standard PS/2 Maus" eingetragen ist. Erst nach Installation des richtigen Treibers -- wozu man sich einmal durch gute alte Treiberdialoge ohne anfängertauglicher Benutzerführung durchkämpfen muss -- kann man die Scrollleiste des Touchpads verwenden. Selbst Knoppix hatte das besser erkannt (und Knoppix hat sich bei diesem Laptopmodell ansonsten nicht gerade mit Ruhm bekleckert).

All diese Eigenheiten könnte ich verzeihen. Tatsächlich ist das System bislang gegenüber XP nicht einmal wirklich im Nachteil, denn selbst eine schlecht gemachte Benutzerführung ist kein Nachteil gegenüber der quasi nicht vorhandenen in XP. Mir ist es als Benutzer jedenfalls egal. Aber als Produktmanager bei Microsoft würde ich mir ernsthafte Sorgen machen, ob ich nicht meine Zielgruppe verfehle.

Tatsächlich wirkt die ganze Benutzeroberfläche so, als ob man sich nicht ganz einig wäre, was denn nun die Zielgruppe ist. Einerseits die schon aus Vista bekannten Spielereien und Kinkerlitzchen auf dem Desktop: Diashow, Wetterbericht, bunte Icons im Kontextmenü. Das Aero-Design und sonstige Grafikspielereien. Die besagte (halbherzig gemachte, aber immerhin) vereinfachte Benutzerführung. Eine große, bunte Übersichtsseite für alle auf dem Computer installierten Spiele. Kurz: Viele Dinge, die vor allem private Gelegenheitsbenutzer ansprechen sollen. Andererseits aber braucht man nicht lang an der schönen Oberfläche zu kratzen, um mitten in hochtechnischen Dialogfeldern zu landen. 3 der 10 Standardeinträge im Startmenü behandeln die Systemverwaltung, 2 weitere sind zumindest relativ technisch. Es gibt kaum brauchbare Hilfedateien, und die vorhandenen sind sehr technisch geschrieben. Und man muss sich mit PCs schon sehr gut auskennen um zu wissen, warum manche Programme im Ordner "Programme", und andere im Ordner "Programe (x86)" gespeichert werden. "Wer zwei Hasen jagt, fängt keinen," heißt das böse Sprichwort dazu. Aber genug gemeckert über die Produktgestaltung von Microsoft.

Nach wie vor kommt Windows nicht standardmäßig mit OpenOffice, und auch andere Programme fehlen, die mittlerweile nicht mehr als nützlich, sondern als Grundausstattung anzusehen sind. Notepad versteht mittlerweile wenigstens Strg+S als Shortcut für Speichern, ist sonst aber nicht weiterentwickelt worden. Paint hat eine neue Oberfläche und ein oder zwei neue Features verpasst bekommen, lässt aber nach wie vor sogar so grundlegende Funktionen wie das Rotieren der Auswahl oder eine vernünftige Farbauswahlpalette schmerzlich vermissen. Natürlich gibt es auch einige positive Überraschungen, zum Beispiel einen Eingabemodus für mathematische Formeln mittels Handschrifterkennung, ein PostIt-Tool für kurze Notizen am Bildschirm, und einiges an eingebauter Unterstützung speziell für die Arbeit am Laptop.

Der nächste nicht allzu erfreuliche Punkt ist die Übersetzung. Ich habe es mir ohnehin schon vor längerer Zeit angewöhnt, so gut wie alle Programme auf Englisch zu installieren, um den stümperhaften Übersetzungsversuchen zu entgehen. (Was zum Beispiel antwortet man auf "Wollen Sie wirklich abbrechen?", wenn die verfügbaren Buttons "Abbrechen" und "Abbrechen" heißen?) Aber von einer großen Firma wie Microsoft darf man sich wohl ein bisschen was erwarten. Oder sollte man zumindest erwarten dürfen. Und obwohl mir bisher keine ganz groben Schnitzer untergekommen sind, ist die Übersetzung nicht gerade überragend. (Zitat: "Sie verfügen momentan nicht über die Berechtigung des Zugriffs auf diesen Ordner." Wenn schon, dann müsste es "Berechtigung zum Zugriff" heißen, und "Sie sind nicht berechtigt, diesen Ordner zu öffnen" wäre eine wesentlich flüssigere Ausdrucksweise.) Weiters auffällig ist, dass die Programmordner je nach Tagesverfassung entweder als "Programme" oder "Program files" aufscheinen; Das Benutzerverzeichnis heißt abwechselnd "Benutzer" und "Users". Das ist für Benutzer "nur" etwas verwirrend, für Programmierer aber ausgesprochen lästig.

Ebenfalls lästig: Standardmäßig ist Windows 7 so eingestellt, dass jedes Mal, wenn man den Laptop zuklappt, der Computer sofort in den Ruhezustand geht. Das ist zum Glück relativ schnell abgeschaltet -- wenn man weiß, wo man zu suchen hat.

Bereits an Tag 3 ist Windows 7 bei mir außerdem das erste Mal mit einem Blue Screen abgeschmiert. Und zwar beim Nichtstun, während der Computer eine halbe Stunde darauf gewartet hat, dass ich zurückkomme.

Auch diese kleinen Ärgernisse könnte ich alle noch verzeihen. Aber gestern Abend wollte ich dann, endlich nach etlichen Wochen ohne Windows-Computer, wieder einmal meine diversen Windows-Spiele beehren. Schließlich ist das der Hauptgrund, warum ich Windows installiere und nicht Linux. Ergebnis: Von drei Spielen, die ich installiert habe, läuft unter Windows 7 genau -- gar keines. (Bei einem davon warnt er mich wenigstens, dass es "bekannte Kompatibilitätsprobleme" mit dem Spiel gibt.)

Fazit: Ich hoffe für Microsoft, dass sie vorhaben das System noch *gründlich* zu überarbeiten vor der tatsächlichen Veröffentlichung. Und ich frage mich, ob es eine gute Idee war, es in diesem halbfertigen Zustand der Öffentlichkeit zu präsentieren. Mich jedenfalls überzeugt es nicht.

lG Birgit

Monday, August 3, 2009

SPÖ Tirol -- Hier wurde Demokratie mit Füßen getreten

Endlich habe ich Zeit gefunden, ein Foto zu machen von dem etwas missglückten Kunstprojekt auf dem Gebäude der Tiroler SPÖ-Parteizentrale in Innsbruck. Auf den ersten Blick zu lesen ist dort nämlich:
SPÖ
TIROL


HIER WURDE DEMOKRATIE MIT FÜSSEN GETRETEN





(Bei sehr viel genauerer Betrachtung fällt einem dann aber doch der Text dazwischen auf:
"NIE WIEDER DEMOKRATIE MIT FÜSSEN TRETEN -- Am 12. Februar 1934 besetzte die Heimatwehr im Auftrag der austrofaschistischen Dollfuß-Regierung das an dieser Stelle befindliche Hotel "Sonne", den Sitz der Freien Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei. Die führenden Sozialdemokraten wurden verhaftet, die Sozialdemokratie verboten. Der Austrofaschismus führte unmittelbar zu den Gräueln des Nationalsozialismus.")

lG Birgit