Sunday, March 29, 2009

Advocatus Diaboli
Oder: Wozu eigentlich Privatsphäre?

Vorbemerkung: Der folgende Text hat nicht unbedingt etwas mit meiner persönlichen Meinung zu tun, sondern mit meiner Vorliebe dafür, kontroversielle Meinungen in den Raum zu stellen. (Diskutieren ist so langweilig, wenn ohnehin alle die gleiche Meinung vertreten.)

Um die ungeheuerliche Frage einfach einmal zu fragen: Braucht der Mensch wirklich Privatsphäre? Was tun wir denn so Geheimes, dass niemand es erfahren dürfte?

Kundenkarten. Datenschützer warnen in letzter Zeit zum Beispiel mit Vorliebe vor Kundenkarten. (Link: http://www.welt.de/finanzen/article954775/Voellig_durchleuchtet_mit_der_Kundenkarte_der_Zukunft.html) Ich war heute beim Billa und und habe zwei Zucchinis, 250g Schweinefleisch und eine Packung Damenbinden gekauft. Tut's mir weh, wenn das jemand weiß? Nein. Wer weiß, vielleicht schafft Billa es ja, die Kundendaten ordentlich auszuwerten und die Angebote besser auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten. (Vielleicht stellen sie aber auch einfach die Sachen, die oft gekauft werden, ganz nach hinten, damit man an möglichst vielen anderen Sachen vorbeigehen muss und eventuell mehr kauft.)

Anonymität in Chats und Foren. Eine weitere Befürchtung vieler Leute ist, dass die Anonymität in Foren und Chats verloren gehen könnte. Ich glaube, dass vieles am Umgangston im Internet dadurch entsteht, dass Leute anonym sind. Es ist mir ziemlich unbegreiflich, wie ausfällig manche Leute werden können sobald sie überzeugt sind, unerkannt zu bleiben. Unter dem eigenen Namen würde man solche Dinge kaum veröffentlichen; wer weiß, wann zum Beispiel ein potentieller zukünftiger Arbeitgeber das einmal entdeckt. Ich finde jedenfalls, wenn man für etwas, das man sagt, nicht gerade stehen kann oder will, dann ist es in den meisten Fällen angebracht, die Klappe zu halten. (Gegenargumente genau dazu schreibe ich dann in einem meiner nächsten Beiträge.)

Vertraulichkeit von e-mails. Gerade gmail wird oft vorgeworfen, die e-mails der Benutzer zu lesen oder zumindest automatisch auf relevante Inhalte zu untersuchen und die Werbeanzeigen anzupassen. Ich habe keine Ahnung, ob das stimmt (und wenn ich es wüsste, dürfte ich es nicht sagen). Was ich weiß, ist, dass gmx vor kurzem meine gesamte Inbox gelöscht hat, weil ich mich zu lang nicht eingeloggt hatte. Es ist mir ehrlich gesagt wesentlich lieber, gmail liest meine e-mails, als gmx löscht meine e-mails.

StudiVZ und Facebook als Gefahr für die Privatsphäre. Nächstes Steckenpferd für Datenschützer: Die bösen sozialen Netzwerke. Auch darüber gibt's wahrscheinlich noch einen separaten Beitrag von mir. Kritikpunkt 1: Leute geben zu private Daten über sich preis, insbesondere Telefonnummer und Adresse. Naja, diese Sachen stehen aber wohl auch im Telefonbuch. Und dort kann sie jeder lesen; in sozialen Netzwerken kann ich den Zugang zu diesen Informationen wenigstens einschränken auf Leute, denen ich selbst eine Berechtigung dafür gegeben habe.

Fotos in sozialen Netzwerken. Kritikpunkt 2 sind die Fotos, auf denen man von jedem verlinkt werden kann. Was einerseits in gewissen Situationen natürlich peinlich sein kann. Nicht jeder möchte, dass der potentielle zukünftige Arbeitgeber ausgerechnet auf ein Bild stößt, wo man kotzend über der Klomuschel hängt. Andererseits ist die Anzahl der Leute, von denen solche Fotos existieren, mittlerweile nicht mehr gerade gering. Vielleicht werden sich auch die Arbeitgeber einfach daran gewöhnen müssen, dass ein Großteil ihrer Bewerber sich gelegentlich bis zur Besinnungslosigkeit besäuft.

Uninteressant. Was die Leute an anderer Personen Privatleben so interessant finden, ist doch -- wenn wir ehrlich zu uns selbst sind -- die Tatsache, dass diese nicht wollen, dass wir etwas darüber erfahren. Ob es über jemanden wirklich etwas auch nur ansatzweise Interessantes zu wissen gibt, ist dabei völlig irrelevant. Dass wir es nicht wissen, das fuchst uns. Ich glaube, wenn man über jede Person jederzeit alles herausfinden könnte, wäre es sehr schnell nicht mehr spannend.

Vorteile. Dabei hat eine Welt ohne Privatsphäre doch auch eine ganze Reihe Vorteile. Zum Beispiel im Supermarkt: Statt dass man sich in langen Schlangen an der Kasse anstellen muss, werden die Produkte einfach automatisch registriert sobald man sie aus dem Geschäft trägt, und vom Konto abgebucht. Man braucht genaugenommen gar kein Geld mehr mit sich herumtragen. Somit gibt es auch keine Taschendiebstähle mehr. Insbesondere, da man ja bei einem Diebstahl ohnehin den Weg des gestohlenen Gegenstandes nachverfolgen könnte.

Kriminalität. Wenn wir schon beim Thema Kriminalität sind: Die meisten Verbrechen können damit auch fast sofort aufgeklärt werden. Man schaut einfach nach, wer am Tatort war. Alibis überprüfen? Gar kein Problem mehr. Entführungsfälle? In Minuten gelöst.

Gesundheit. Und erst die medizinischen Vorteile! Herzinfarkte können bereits in Sekunden an die Rettung gemeldet werden. Viele andere Dinge werden langfristig verfolgt und bei Veränderungen des Gesundheitszustandes kann rechtzeitig eingegriffen werden.


Die zwei wesentlichen Thesen (zu denen ich auf andere Meinungen sehr gespannt bin) also zusammengefasst:

* Es gibt kaum etwas, das zu verheimlichen sich lohnt. Menschen sollten in der Lage sein, zu dem, was sie tun, zu stehen.

* Insgesamt überwiegen die Vorteile einer totalen Überwachung über die Nachteile.

Fröhliches Diskutieren! ;)

lG Birgit

Friday, March 27, 2009

Schreiben lernen mit dem Computer -- Über die Zukunft der Handschrift

Offenbar haben viele Leute Bedenken, wie Kinder in Laptopklassen schreiben lernen werden. Handschrift und Computer? Nur Computer? Tastatur oder Handschriftenerkennung?

Ein Artikel zu dem Thema: http://www.stolzverlag.de/de_blog_permalink_94.html

Und nun meine zwei Cent:

Können Kinder mit einer Tastatur schreiben lernen?

Kurze Antwort: Ja. Ich habe selbst Schreiben und Lesen zuerst am Computer gelernt und erst später in der Schule, und glaube nicht, dass das ein Nachteil war. Eine Tastatur ist zum Beispiel ein wunderbares Hilfsmittel, um den Zusammenhang zwischen Groß- und Kleinbuchstaben zu lernen: Man tippt auf eine Taste mit einem Großbuchstaben, und es wird am Bildschirm ein Kleinbuchstabe angezeigt.

In dem oben verlinkten Artikel wird argumentiert, dass Kinder mit einer Tastatur nicht gleichzeitig schreiben und mitdenken können, denn "wer sich auf der Tastatur die Zeichen und Buchstaben erst zusammenpuzzeln muß, verliert die Zusammenhänge aus dem Blick". Es dauert mit einer Füllfeder aber doch wohl genau so lang, bis man das Schreiben so automatisiert hat, dass man nicht mehr an die einzelnen Buchstaben denken muss! Irgendwie klingt es in dem Artikel ja gerade so, als ob man das Schreiben mit dem Stift automatisch kann und nur das Tippen erst mühsam lernen muss.

"Französische Wissenschaftler haben herausgefunden, daß beim Schreiben und Lesen das motorische Gedächtnis aktiv wird. (...) Wer per Hand schreibt, kann das Alphabet besser behalten.", wird weiters behauptet. Auch da widerspreche ich entschieden. Als ob das Tippen nichts Motorisches wäre... und im Gegensatz zur Handschrift hat es sogar noch eine stärkere räumliche Komponente -- das 'r' ist links oben, das 'l' rechts in der Mitte, ... -- die meiner Ansicht nach das Lernen zusätzlich unterstützt.

Noch ein paar Argumente gefällig?
* Tippen verwendet beide Hände und somit auch beide Gehirnhälfte, im Gegensatz zum Schreiben mit einem Stift, das fast nur eine Gehirnhälfte anspricht.
* Beim Tippen sind Linkshänder bei weitem weniger benachteiligt als bei der Handschrift.
* Es ist nicht mehr notwendig, Schreibschrift und Druckschrift zu erlernen. Ich hoffe, es erinnern sich noch alle an die große Verwirrung, als man festgestellt hat, dass man nun in der ersten Klasse endlich alle 27 Buchstaben gelernt hat -- und noch immer nicht die Zeitung lesen kann, weil da plötzlich wieder alles anders aussieht.
* Das Erlernen eines neuen Buchstabens geht wesentlich schneller als handschriftlich -- man muss sich schließlich nur die Position einer weiteren Taste merken statt einer ganzen Bewegungsfolge --, und man kann schneller anfangen, mit mehreren verschiedenen Buchstaben das Schreibtempo zu erhöhen.

Tastatur oder Handschrifterkennung?

So, und jetzt widerspreche ich mir 100%ig selbst. Ich weiß nämlich, dass ich in 20 Jahren zum Urgestein gehören werde, zu diesen altmodischen Menschen, die sich noch immer einbilden, unbedingt mit einer Tastatur schreiben zu wollen. (Ich verwende auch immer noch Floppy-Disks.)

Das System der Zukunft ist meiner Meinung nach die Handschrifterkennung. Wobei ich da nicht mehr von der "normalen" Handschrift ausgehe, die wir heute schreiben, sondern von einer Art Stenographie, die nur der eigene Computer erkennen kann und sofort in Druckschrift umwandelt.

Und damit wird das Erlernen der Schreibschrift in der ersten Klasse weiterentwickelt zum Lernen von Mensch und Computer voneinander. Aktuelle Handschrifterkennungssysteme gehen ja von einer durchschnittlichen Handschift aus und passen sich dann eventuell ein wenig an den Benutzer an, da jeder etwas andere Schreibgewohnheiten hat. Der eine macht die 0 zum Beispiel im Uhrzeigersinn, der andere gegen den Uhrzeigersinn.

Ich glaube, dass in Zukunft der Computer schon von der Volksschule an "zusammen" mit seinem Benutzer dessen Handschift erlernt. Was der Lehrer den Schülern in der ersten Klasse beibringt, ist dann nicht mehr notwendigerweise eine einheitliche Schriftform, an die sich jeder halten muss, sondern nur noch ein Vorschlag verschiedener Zeichen. Die SchülerInnen gewöhnen sich dann ohnehin von selbst an, ausreichend sauber zu schreiben, dass der eigene Laptop das Gekrakel erkennt. Und mehr braucht's auch nicht.

Die Schrifterkennungsdateien kann man dann auch fürs weitere Leben mitnehmen und auf den nächsten Laptop übertragen. Oder auch aufs nächste Blatt E-Papier, das man beschmieren will. (Und wie gesagt glaube ich ja, dass E-Papier das normale Papier über kurz oder lang ersetzen wird.)



So, und jetzt bin ich neugierig auf andere Meinungen dazu.

lG Birgit

Astronomisch

Zitat aus einer Fernsehserie: "Die Wahrscheinlichkeit dafür ist astronomisch!" Wahrscheinlichkeiten liegen zwischen 0% und 100%. Keines davon wirkt astronomisch auf mich.

Aber apropos Astronomie: Auf einem anderen Sender habe ich wieder einmal eine dieser Gewinnfragen entdeckt, die jeder beantworten kann außer einem Wissenschaftler: "Wie werden Entfernungen im Weltall gemessen -- a) in Lichtjahren oder b) in Zentimetern?" Natürlich sind beide Antworten korrekt. ;)

lG Birgit

Friday, March 20, 2009

Tafelklassler 2036

Und dann ist noch der Impulstext zu OLPC fällig. Wobei ich hier vielleicht vorher erklären sollte, worum's überhaupt geht.

OLPC steht für "One Laptop Per Child", also "Ein Laptop pro Kind". Grob gesagt ist das Ziel, jedem Kind einen Laptop zur Verfügung zu stellen, und diese Geräte auch im Unterricht zu nutzen. Ursprünglich richtete sich das Projekt in erster Linie an Kinder in Entwicklungsländern, aber auch Industriestaaten nehmen mittlerweile Teil und statten manche Projektvolksschulklassen mit solchen Geräten um rund 100 Euro pro Stück aus.

Mehr Informationen findet man hier und hier.

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Tafelklassler 2036

Prüfend betrachtete ich den Laptop, den ich für den ersten Schultag meines Sohnes Max kaufen wollte. Ich hatte ein relativ robustes Modell gewählt, das in der Schultasche nicht knicken würde und auch den einen oder anderen Kratzer wegstecken sollte. Mit etwa 4 Euro war es zwar nicht das billigste Exemplar, aber immerhin sollte es dafür zumindest ein halbes Jahr halten.

Und noch länger, denn schließlich wollte ich die ersten Schullaptops meiner Kinder ja sammeln. Ich verstand nicht, wie meine beste Freundin Marie es fertig brachte, die nicht mehr verwendeten Schulsachen ihres Nachwuchses einfach wegzuwerfen.

Ich erinnerte mich noch gut an meinen eigenen ersten Schullaptop, den ich in der ersten Klasse Volksschule bekommen hatte. Und der nach wie vor am Dachboden lagerte. Das war damals noch ein klobiges Gerät, das eine Tastatur hatte, fast 1kg wog und an die 100 Euro teuer war. Maximilians neuer Laptop dagegen war etwa 3mm dick und mit 120g Gewicht schon recht schwer für ein modernes Gerät. Die Tastatur-Funktion konnte man mit dem Touch-Screen emulieren, aber ich bezweifelte, dass er das jemals benötigen würde.

Ich legte das etwa A5-große Gerät vorsichtig in meinen Einkaufswagen und fügte ein paar Stifte hinzu. Für die ersten Schreibversuche meines Sohnes wählte ich einen speziell für Kinderhände gebauten schwarzen Schreibstift, und zusätzlich suchte ich für ihn einen gelben Stift und einen Multifunktionsschreiber aus.

Auch an meinen ersten Computer mit Eingabestift erinnerte ich mich noch gut. Ganz abgesehen davon, dass die Handschrifterkennung damals noch in den Kinderschuhen steckte, war der "Stift" ein unhandliches, völlig unergonomisches Etwas, das aus unerfindlichen Gründen zusammen mit dem Computer ausgeliefert wurde und dessen Farbe man entgegen jeder Intuition am Computer umstellen musste. Heute wurden Stifte und Laptops natürlich getrennt verkauft, und die Stiftfarbe stellte man bequem direkt am Stift um, wobei die Benutzeroberfläche dafür von Stift zu Stift variierte. Für Kinder fand ich aber die billigeren einfarbigen Stifte einfacher zu bedienen -- und wenn man wirklich eine andere Farbe brauchte, konnte man die immer noch am Laptop umstellen. Schließlich erkannte der den Stift ja auch an seiner eindeutigen Identifikationsnummer.

Zum Schluss schob ich meinen Einkaufswagen noch an der Bastelabteilung vorbei, um Schere, Kleber und Papier für den Werkunterricht zu kaufen. Und einen neuen Zeichenlaptop für meine dreijährige Tochter Melanie mitzunehmen, nachdem der alte versehentlich in der Waschmaschine gelandet war. Vielleicht auch noch einen Musiklaptop? In der Kinderabteilung waren die gerade im Sonderangebot um 3 Euro.

Meine ältere Tochter Martha kam gerade mit ihrem Einkaufskorb um die Ecke. Mit 12 Jahren hatte sie ihre Schulsachen natürlich schon selbst aussuchen dürfen. Ich warf einen prüfenden Blick auf ihre Einkäufe. "Warum brauchst du heuer vier Laptops?", fragte ich sie. "Naja, einen normalen halt, und für Informatik brauchen wir einen speziellen mit einer Hardware-Debugging-Schnittstelle oder so, das erklärt er uns erst, und für Musik und Englisch und Chinesisch brauchen wir einen mit Sprachverarbeitungsmodul und Lautsprecher und Mikrofon, das ist der große schwere," wobei sie auf ein vielleicht einen halben Kilo schweres Ding zeigte, "und für das Projekt sollen wir uns einen kaufen, den wir dann dort fix einbauen."

"Na gut," seufzte ich und warf noch einen zweiten Blick auf ihre Einkäufe. "Und wozu brauchst du das Heft und die Füllfeder?" -- "Aber Mama," erinnerte sie mich tadelnd, "ich hab dir doch erzählt, dass wir heuer im Kunstunterricht Kalligraphie lernen. Du weißt schon," fügte sie erklärend hinzu, "schreiben ohne Computer."
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lG Birgit

Die schlimmsten Windows-Funktionen aller Zeiten

Hallo,

Viel Spaß mit den schlimmsten Windows-Funktionen aller Zeiten:
http://www.pcwelt.de/start/software_os/windows/praxis/86812/die_schlimmsten_windows_funktionen_aller_zeiten/

Empfehlen kann ich übrigens das ebenfalls dort entdeckte Paint.net:
http://www.getpaint.net/index.html

lG Birgit

Thursday, March 19, 2009

Was Kondome mit Zebrastreifen gemeinsam haben

Kondome können nach Ansicht von Papst Benedikt XVI. das Aids-Problem nicht lösen. "Man kann das Aids-Problem nicht durch die Verteilung von Kondomen regeln. Ihre Benutzung verschlimmert vielmehr das Problem", sagte das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche(...). [1]

Statt der Verwendung von Kondomen setzt das Kirchenoberhaupt ausschließlich auf "eheliche Treue"... und das im 21. Jahrhundert.

Dass die Kirche nach wie vor die Verwendung von Kondomen aus verschiedensten mir schleierhaften Gründen ablehnt, will ich jetzt gar nicht diskutieren. Aber diesmal wird ja nicht mit irgendwelchen religiösen Gründen argumentiert, sondern damit, dass Kondome das Problem angeblich verschlimmern würden.

Das Argument, auf das dieses neueste Zitat hinausläuft, ist glaube ich das, dass Leute, sobald sie glauben, dass etwas sicher ist, sofort unvorsichtiger werden.

Was natürlich nicht ganz falsch ist. Ja, es gibt Leute, die schneller in die Kurve fahren, wenn sie ABS eingebaut haben. Ja, es gibt Leute, die ohne zu schauen über den Zebrastreifen gehen, weil sie sich einbilden, dass ihnen dort ohnehin nichts passieren kann. Ja, es gibt Leute, die einen Selbstverteidigungskurs gemacht haben, und sich danach für unbesiegbar halten und glauben, mitten in der Nacht durch dunkle Parks strawanzen zu müssen.

Trotzdem kommt seltsamerweise keiner auf die Idee, ABS wieder abschaffen zu wollen und stattdessen niedrigere Geschwindigkeitsbegrenzungen einzuführen. Oder Zebrastreifen abzuschaffen und stattdessen die Fußgänger dazu anzuhalten, vorm Überqueren der Straße nach links und rechts zu schauen. Oder Selbstverteidigungskurse zu verbieten und stattdessen dunkle Parks besser zu überwachen.

Nicht, dass Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Vorsicht beim Überqueren der Straße oder besser überwachte Parks ein Schaden wären, im Gegenteil. Aber deswegen schafft man doch nicht andere ebenfalls sinnvolle Maßnahmen wieder ab. Und ABS und Zebrastreifen und Selbstverteidigungskurse sind sinnvoll. Selbst wenn es immer wieder ein paar Leute gibt, die Sicherheitsmaßnahmen falsch verstehen und unvorsichtig werden, insgesamt hat jede dieser Maßnahmen sicher mehr Unfälle verhindert als bewirkt.

Ebenso sind natürlich Kondome natürlich nicht das Allheilmittel gegen AIDS. Insbesondere dann nicht, wenn die Verteilung nicht auch mit entsprechenden Bildungsmaßnahmen gekoppelt ist. Ich könnte mir schon vorstellen, dass einige Menschen in Afrika die Dinger für sowas wie Geistertotems halten, mit ein paar bunten Schnüren und Perlen verziert übers Bett hängen, und dann glauben, dadurch sind sie vor AIDS geschützt. (Um ehrlich zu sein, traue ich das auch einigen europäischen und amerikanischen Jugendlichen zu.)

Sicher hilft auch eheliche Treue, die Verbreitung von AIDS in Afrika einzugrenzen. Aber Betonung auf "auch". Dieses entweder-oder ist einfach sinnlos.

lG Birgit

[1] http://www.tagesschau.de/ausland/papstafrika100.html

Monday, March 16, 2009

Privatsphäre im Jahr 2048

Privatsphäre im Jahr 2048

Hallo allerseits!

Wie bereits angekündigt wird es in meinem blog dieses Semester eine Serie von Beiträgen über gesellschaftliche Aspekte der Informationstechnologie geben. Die zwei Themen, über die ich schreiben werde, sind "Privatsphäre und Überwachungsstaat" und "OLPC / Computer in Drittländer". Und ich möchte beide Themen mit kurzen Impulstexten eröffnen.

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Privatsphäre im Jahr 2048

Montag, 16. März 2048, 09:17 Uhr. "Entschuldigung" ächzte ich beim Betreten vom Büro des Chefs, von der Stiege noch ganz außer Atem, "ich bin mit meinem Mobil eine halbe Stunde im Stau gestanden." Mein Chef Stradinger dankt es mir mit einer kritisch hochgezogenen Augenbraue.

"Soso," fragte er süffisant, "und wo hat dieser sagenhafte Stau stattgefunden? Bei Ihnen im Wohnzimmer?"

Natürlich war ich nicht im Stau gestanden, sondern hatte verschlafen. Aber woher er das schon wieder wusste?

"Während der Arbeitszeit habe ich schließlich Zugriff auf Ihre GPS-Daten," beantwortete er meine unausgesprochene Frage. Ahja, natürlich. Dieser vermaledeite Chip, den ich wie jedes Kind zwei Tage nach meiner Geburt implantiert bekommen hatte, und der alle paar Sekunden meinen aktuellen Standort an das zentrale Rechenzentrum übermittelte.

"Worum ist es bei dem Streit mit Ihrer Frau gestern Abend gegangen?", fragte er mich weiter aus.

"Der ... Was für ein... Ich meine, woher wissen Sie...?" stammelte ich.

"Naja, den GPS-Daten nach haben Sie im Wohnzimmer übernachtet, Ihre werte Frau Gemahlin aber nicht."

Aha. Obwohl, Moment... "Das war aber nicht während der Arbeitszeit!" protestierte ich.

"Oh doch," grinste er mich an, "in Ihrem Vertrag steht nämlich, dass die Arbeitszeiten 'individuell angepasst werden können um den Arbeitsprozess zu unterstützen'. Falls ich also, sagen wir, die heutige Nacht als Arbeitszeit eingetragen hätte, ..."

"... wäre das nicht ganz rechtmäßig," setzte ich seinen Satz fort. "Und wie sind Sie an die Daten meiner Frau gekommen?"

"Verdammt, jetzt haben Sie mich erwischt," gab er verschmitzt zu. Wusste ich doch, dass er einfach den Testzugang benutzt hatte. Unsere Firma entwickelte unter anderem nämlich diese Sicherheitssysteme für den Staat mit, und entsprechend hatten wir zu Testzwecken Zugriff auf alle Daten.

"Wie auch immer, ich glaube, worum es bei dem Streit gegangen ist hat nichts mit meiner Arbeit zu tun." wagte ich einzuwenden.

"Nein, natürlich nicht. Und keine Sorge, ich weiß ohnehin schon, dass es wahrscheinlich um die Erziehung Ihrer Tochter ging."



Ich sagte gar nichts. Er brannte ohnehin darauf, mir zu erzählen, mit welchem cleveren Trick er das schon wieder herausgefunden hatte. Den Gefallen, jetzt auch noch neugierig nachzufragen, wollte ich ihm nicht tun.

Leicht enttäuscht darüber fuhr er fort: "Sie und Ihre Frau haben gemeinsam die Spätnachrichten auf NoviSAT angeschaut, als Ihre Tochter betrunken nach Hause gekommen ist. Fünf Minuten nachdem Sie sie ins Bett gebracht haben, ist der Streit dann losgegangen. Nicht schwer zu erraten, worum es gegangen ist, oder?"

"Das nicht... Aber woher wussten Sie das Programm, und dass meine Tochter betrunken war, und wann der Streit losgegangen ist?" Was man heutzutage alles bequem vom Bürostuhl aus herausfinden konnte, verblüffte mich immer wieder.

"Das Fernsehprogramm aus der minutengenauen Abrechnung Ihres Rundfunkanbieters. Und den Rest aus den staatlichen MediSensoren. Katja hatte ziemlich hohe Leberwerte, als sie nach Hause gekommen ist, und der Blutdruck und Adrenalinpegel von Ihnen und Ihrer Frau ist während dem Streit ganz schön nach oben gegangen."

Die MediSensoren. Ich seufzte innerlich. Sieben von den Dingern hatte ich mittlerweile in meinem Körper, zwei davon inaktiv. Mit jeder neuen Technologie kam sofort wieder der nächste MediSensor auf den Markt, den man sich verpflanzen lassen musste. Die nächste Generation, die im Juni erscheinen sollte, würde angeblich mit dem persönlichen Finanzsystem verbunden sein, und bei zu hohem Cholesterinspiegel den Kauf zu fetthaltiger Lebensmittel verbieten.

"Ich finde halt, es ist nichts dabei, wenn Katja einmal länger aus ist. Mit 17 ist das doch ganz normal, oder?" philosophierte ich. Dass sie nicht mehr Alkohol kaufen konnte, als sie vertrug, beruhigte mich irgendwie. Die MediSensoren hatten wohl auch ihre guten Seiten. "Wirklich, ich will ihr da ihre Freiheit lassen und sie nicht bei jedem Schritt überwachen. Meine Frau würde sie ja am liebsten Tag und Nacht im Auge behalten vor lauter Angst, sie könnte Unsinn machen..."

"Das verstehe ich," antwortete Stradinger, "und mit 17 ist es ja auch ganz normal, schon einen fixen Freund zu haben..."



"Freund?!" Hätte ich in dem Moment schon meinen heißersehnten Frühstückskaffee gehabt, hätte ich mich jetzt verschluckt.

Das Funkeln in Stradingers Augen war jetzt nicht mehr zu übersehen. Natürlich hatte mich die Neugier gepackt, und er hatte mich an der Angel. "Was für ein Freund?", fragte ich gehorsam weiter.

"Jonas Antheberg." verkündete er triumphierend.

"Und woher... ?" hakte ich nach.

"Facebook. Es gibt wohl Gründe, warum Ihre Tochter Ihnen keine Freigabe für ihr Profil gibt.", plauderte er aus dem Nähkästchen. "Wogegen mein Sohn ja bis vorletztes Jahr in der gleichen Schule war und die Profile noch immer verbunden sind. Und Ihre Tochter hat Jonas dort schon offiziell als Freund eingetragen."

Aha. So machte man sowas heutzutage also "offiziell".

"Und wer ist dieser Jonas Antenheimer?", hakte ich nach.

"Antheberg. Es interessiert Sie also doch?", grinste er. Er ließ den Satz unvollendet und drehte sich zu seinem Computer um. "Kommen Sie her," winkte er sich zu mich.

Er öffnete die Google-Personensuche und tippte den Namen ein. "Jonas Antheberg", stand da, geboren 24.2.2029, Grafner-Volksschule in Graz, dann BG&BRG Altenbergstraße, ebenfalls Graz, Matura mit gutem Erfolg in den Fächern Mathematik, Englisch und Geographie, jetzt Studium der Genetischen Algorithmik an der TU Graz im 2. Semester, Matrikelnummer 4730837. Der Typ war 2 Jahre älter als mein Mädchen und schon an der Uni!

Weiters hatte die Suche noch einen Link auf seine Maturaarbeit zu Tage gefördert, seine Telefonnummer, homepage, zwei blogs, und nicht zuletzt einige Fotos. Jonas, der mit ein paar Gleichaltrigen an einem Biertisch sitzt und lacht. Jonas in Kletterausrüstung an einer Trainingswand. Jonas, der kotzend über einer Klobrille hängt. Jonas mit dem neuen Führerschein in der Hand im ersten eigenen Auto. Und: Jonas und Katja! Händchenhaltend auf einer Picknickdecke im Stadtpark.

"Moment," fügte Stradinger hinzu, "eigentlich müsste er doch im CareerNet auch eingetragen sein." Mit einigen Handbewegungen öffnete er das entsprechende System und rief die Prüfungsstatistiken ab. Als Arbeitgeber konnte man die Leistungskurve jeder Person vom Kindergarten bis zum aktuellen Tag abrufen, wobei Schwankungen durch unterschiedliche Lehrer schon herausgerechnet waren. Die Kurve von Jonas war recht konstant bei etwa 84%, bis auf einen ziemlichen Einbruch während der fünften Klasse. Ein Blick auf das vorige Suchergebnis verriet, dass in diesem Jahr seine Mutter gestorben war. Der Sprung zurück auf das normale Leistungsniveau fiel zusammen mit einem vierwöchigen Aufenthalt in einer stationären Drogenentzugsklinik, wie Stradinger über die für Arbeitgeber ebenfalls frei zugängliche Gesundheitsdatenbank herausfand.



"Und wo haben die beiden sich kennengelernt?", überlegte ich laut. Schließlich waren sie ja nicht auf der selben Schule...

"Na, dann schauen wir mal, was unsere Systeme so alles können," antwortete Stradinger, und begann eifrig zu tippen. Offensichtlich suchte er in der GPS-Datenbank nach Momenten, zu denen die aufgezeichneten GPS-Positionen der beiden weniger als 20 Meter voneinander entfernt waren. "Zum ersten Mal getroffen haben sie sich ... vor drei Jahren bei einer Bildungsmesse. Obwohl..." Ich beobachtete gemeinsam mit ihm am Wanddisplay zwei rote Punkte, die sich in einem Gebäudegrundriss hin- und herbewegten. "Offensichtlich haben sie sich an dem Tag gar nicht gesehen, sondern waren nur zufällig im gleichen Gebäude."

Nach einigen weiteren solcher "Treffen", bei denen sie erfolgreich aneinander vorbeigelaufen waren, fanden wir dann in der GPS-Datenbank den entscheidenden Tag. "Das Chinarestaurant neben der Schule. Da war wohl... " Er öffnete ein zweites System, und ich erkannte die Oberfläche der geschäftsstatistischen Auswertung. "Ja," setzte er fort, "da war das Restaurant recht voll an dem Tag und..." Er beobachtete wieder die roten Punkte, die sich diesmal auf dem Grundriss des Chinarestaurants tummelten. Der mit "Katja" beschriftete Punkt verharrte neben einem Tisch auf einem Stuhl -- die Sensordaten des Restaurants meldeten, dass auf dem Stuhl ein Gewicht von 68.7 kg lastete und das Menü auf dem Tisch 732 kcal hatte und 6.43 Euro kostete --, der zweite Punkt mit Beschriftung "Jonas" näherte sich langsam. Stradinger setzte seinen Satz fort: "... und da fragt er sie wahrscheinlich, ob er sich dazusetzen darf."



Stradinger erhöhte die Geschwindigkeit, und wir beobachteten die beiden Punkte, wie sie gegenüber am Tisch saßen und schließlich das Gasthaus gleichzeitig, aber in verschiedene Richtungen verließen.

"Bezahlen Sie noch die Telefonrechnungen Ihrer Tochter?", fragte Stradinger mich. Ich nickte.

Er öffnete das Servicesystem meiner Telefongesellschaft und ich logte mich mit meinem Daumenabdruck und dem dazugehörigen Sicherheitschip unter meinem Daumennagel ein. Ein paar geschickte Abfragen, und Stradinger hatte das entsprechende Datum herausgefunden.

"Hier," zeigte er auf einen Eintrag in der Tabelle, "kurz vorm Verlassen des Restaurants ruft sie seine Nummer an, und er hebt nicht ab. Da haben sie also Telefonnummern ausgetauscht."

Er ließ die Suche nach Zusammentreffen der roten GPS-Punkte weiterlaufen, und wir entdeckten die beiden nebeneinander im Kino wieder, im Film "Alles oder mehr", 9.Reihe, zum Schülertarif. Langsam begann ich mich unwohl zu fühlen, bei dem, was wir da taten. Eigentlich ging mich das ja wirklich nichts an...

"... und da nach dem Kino gehen sie noch essen... und dann gemeinsam in den Supermarkt.", kommentierte er das Geschehen. "Wollen Sie wissen, was sie gekauft haben?"

Wollte ich es wissen?
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So, habe ich einigen Lesern Angst gemacht? Gut so.

lG Birgit

Thursday, March 5, 2009

Pferde

Nicht, dass ich wen mit Werbung belästigen wollte (so wie die zitierte Seite mich), aber... ich hab Pferde anders in Erinnerung.

https://aktionen.cortalconsors.de/trader-konto/?mkz=684493120

lG Birgit

Edit: Nachdem die Werbung dort nicht mehr existiert, hier die Beschreibung: Zu sehen war ein recht imposanter Stier, und daneben der Text "Unser bestes Pferd im Stall!".

Wednesday, March 4, 2009

Neue Serie: Gesellschaftliche Aspekte der Informationstechnologie

Hallo allerseits,

ich hab mich gerade an der TU Graz für eine kuhle VU namens "Gesellschaftliche Aspekte der Informationstechnologie" angemeldet, wo der Übungsteil darin besteht, über gewisse Themen aus der Informatik eine Meinung zu entwickeln und darüber zu bloggen. Zwar in einem anderen Blog als diesem hier (und wir dürften auch unter Pseudonym), aber ich will meinen (zwei) treuen Lesern das ja nicht vorenthalten, also wird's hier zumindest die Kopien davon geben. :)

Achso, meine zwei Themen:
1. OLPC / Computer in Drittländer
2. Privatssphäre und Überwachungsstaat

Davon wird's 10 Wochen lang (nicht ab heute beginnend, und mit Pause entweder im April oder im Mai) jede Woche pro Thema mindestens einen Beitrag geben. Viel Spaß. Kommentare erwünscht.

lG Birgit

Tuesday, March 3, 2009

The next Uri Geller

Ich hab vergessen, das Finale aufzuzeichnen, und Pro7 schafft es schon wieder nicht, die Videos pünktlich nach der Sendung auf die Homepage zu stellen. Falls sie's doch noch schaffen, werd ich darüber schreiben.

lG Birgit