Friday, March 27, 2009

Schreiben lernen mit dem Computer -- Über die Zukunft der Handschrift

Offenbar haben viele Leute Bedenken, wie Kinder in Laptopklassen schreiben lernen werden. Handschrift und Computer? Nur Computer? Tastatur oder Handschriftenerkennung?

Ein Artikel zu dem Thema: http://www.stolzverlag.de/de_blog_permalink_94.html

Und nun meine zwei Cent:

Können Kinder mit einer Tastatur schreiben lernen?

Kurze Antwort: Ja. Ich habe selbst Schreiben und Lesen zuerst am Computer gelernt und erst später in der Schule, und glaube nicht, dass das ein Nachteil war. Eine Tastatur ist zum Beispiel ein wunderbares Hilfsmittel, um den Zusammenhang zwischen Groß- und Kleinbuchstaben zu lernen: Man tippt auf eine Taste mit einem Großbuchstaben, und es wird am Bildschirm ein Kleinbuchstabe angezeigt.

In dem oben verlinkten Artikel wird argumentiert, dass Kinder mit einer Tastatur nicht gleichzeitig schreiben und mitdenken können, denn "wer sich auf der Tastatur die Zeichen und Buchstaben erst zusammenpuzzeln muß, verliert die Zusammenhänge aus dem Blick". Es dauert mit einer Füllfeder aber doch wohl genau so lang, bis man das Schreiben so automatisiert hat, dass man nicht mehr an die einzelnen Buchstaben denken muss! Irgendwie klingt es in dem Artikel ja gerade so, als ob man das Schreiben mit dem Stift automatisch kann und nur das Tippen erst mühsam lernen muss.

"Französische Wissenschaftler haben herausgefunden, daß beim Schreiben und Lesen das motorische Gedächtnis aktiv wird. (...) Wer per Hand schreibt, kann das Alphabet besser behalten.", wird weiters behauptet. Auch da widerspreche ich entschieden. Als ob das Tippen nichts Motorisches wäre... und im Gegensatz zur Handschrift hat es sogar noch eine stärkere räumliche Komponente -- das 'r' ist links oben, das 'l' rechts in der Mitte, ... -- die meiner Ansicht nach das Lernen zusätzlich unterstützt.

Noch ein paar Argumente gefällig?
* Tippen verwendet beide Hände und somit auch beide Gehirnhälfte, im Gegensatz zum Schreiben mit einem Stift, das fast nur eine Gehirnhälfte anspricht.
* Beim Tippen sind Linkshänder bei weitem weniger benachteiligt als bei der Handschrift.
* Es ist nicht mehr notwendig, Schreibschrift und Druckschrift zu erlernen. Ich hoffe, es erinnern sich noch alle an die große Verwirrung, als man festgestellt hat, dass man nun in der ersten Klasse endlich alle 27 Buchstaben gelernt hat -- und noch immer nicht die Zeitung lesen kann, weil da plötzlich wieder alles anders aussieht.
* Das Erlernen eines neuen Buchstabens geht wesentlich schneller als handschriftlich -- man muss sich schließlich nur die Position einer weiteren Taste merken statt einer ganzen Bewegungsfolge --, und man kann schneller anfangen, mit mehreren verschiedenen Buchstaben das Schreibtempo zu erhöhen.

Tastatur oder Handschrifterkennung?

So, und jetzt widerspreche ich mir 100%ig selbst. Ich weiß nämlich, dass ich in 20 Jahren zum Urgestein gehören werde, zu diesen altmodischen Menschen, die sich noch immer einbilden, unbedingt mit einer Tastatur schreiben zu wollen. (Ich verwende auch immer noch Floppy-Disks.)

Das System der Zukunft ist meiner Meinung nach die Handschrifterkennung. Wobei ich da nicht mehr von der "normalen" Handschrift ausgehe, die wir heute schreiben, sondern von einer Art Stenographie, die nur der eigene Computer erkennen kann und sofort in Druckschrift umwandelt.

Und damit wird das Erlernen der Schreibschrift in der ersten Klasse weiterentwickelt zum Lernen von Mensch und Computer voneinander. Aktuelle Handschrifterkennungssysteme gehen ja von einer durchschnittlichen Handschift aus und passen sich dann eventuell ein wenig an den Benutzer an, da jeder etwas andere Schreibgewohnheiten hat. Der eine macht die 0 zum Beispiel im Uhrzeigersinn, der andere gegen den Uhrzeigersinn.

Ich glaube, dass in Zukunft der Computer schon von der Volksschule an "zusammen" mit seinem Benutzer dessen Handschift erlernt. Was der Lehrer den Schülern in der ersten Klasse beibringt, ist dann nicht mehr notwendigerweise eine einheitliche Schriftform, an die sich jeder halten muss, sondern nur noch ein Vorschlag verschiedener Zeichen. Die SchülerInnen gewöhnen sich dann ohnehin von selbst an, ausreichend sauber zu schreiben, dass der eigene Laptop das Gekrakel erkennt. Und mehr braucht's auch nicht.

Die Schrifterkennungsdateien kann man dann auch fürs weitere Leben mitnehmen und auf den nächsten Laptop übertragen. Oder auch aufs nächste Blatt E-Papier, das man beschmieren will. (Und wie gesagt glaube ich ja, dass E-Papier das normale Papier über kurz oder lang ersetzen wird.)



So, und jetzt bin ich neugierig auf andere Meinungen dazu.

lG Birgit

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