Tuesday, September 22, 2009

Mind Games

21.09.2009, Gasthaus "Weisser Wind" in Zürich. Die Aufführung heißt "Mind Games -- Die Macht des Unbewussten", von und mit Julian Layn (Pianist), Mike Fingerhut (Mentalist) und Cla Coray (Ist). Aufmerksam geworden war ich darauf, weil ein paar Wochen davor direkt vor meiner Haustür die Dreharbeiten stattgefunden hatten für ein Filmchen, das dort angeblich am Anfang vor der Show gezeigt werden sollte. Und der Neugier, was es damit auf sich hat, musste man natürlich nachgeben.

Wie auch immer, hinter dem Titel steckt eine Art Zaubershow -- und zwar eine wirklich gute. Etliche der Kandidaten von "Next Uri Geller" könnten sich mehr als eine Scheibe abschneiden von dem Mentalisten namens Mike Fingerhut. Zwar kein Copperfield, und auch an Manuel Horeth, Derren Brown oder Farid kommt er nicht ganz heran -- das wäre auch sehr schwer --, aber Waayatan, Ully Loup und Vincent Raven würde ich ohne zu zögern sogar in Summe hinter ihm einordnen. (Jan Rouven zählt nicht, den betrachte ich nicht einmal als Zauberer.)

Jedenfalls habe ich nach einer halben Stunde Zettel und Stift aus meinem Rucksack geholt, um ein paar Notizen zu machen und hier im blog ausführlich wiedergeben zu können. Nein, die Tricks werde ich nicht verraten. (Wie auch bei Farid und Manuel Horeth verrate ich nicht die Tricks von Zauberkünstlern, deren Leistung ich respektiere. Ausgenommen natürlich, wenn sie bei Next Uri Geller auftreten.)

Gleich zu Beginn wird das gedrehte Filmchen vorgeführt. Mit vier Anläufen, nachdem der VLC-MediaPlayer nicht ganz so mitspielt, wie man es gehofft hätte.

Danach geht es los mit einem ziemlich langen Klavierstück, und ein paar Vorhersage-Tricks zum Aufwärmen. Nett gemacht, bislang nicht spektakulär.

Es folgt ein "Experiment" mit einer schwarzen und drei weißen Kugeln in einem Beutel. Columbo-Fans dürften einen ähnlichen Trick kennen. Ich vergebe an dieser Stelle die ersten Plus für Fingerfertigkeit und für Rhetorik. (Auch, wenn ich mit dem Schwiizerdüütsch ein wenig kämpfe.)

Der nächste Trick geht leider gründlich schief -- dank eines unbrauchbaren Freiwilligen aus dem Publikum, der weder in der Lage ist, vordere und hintere Hosentaschen auseinanderzuhalten, noch rechte und linke. Mentalist: "Stecke den Gegenstand in die hintere Hosentasche.", Freiwilliger steckt ihn in die rechte vordere. Mentalist: "Nimm jetzt einen zweiten Gegenstand vom Tisch, und stecke ihn in die linke vordere Hosentasche." Freiwilliger nimmt etwas und steckt es in die rechte hintere Tasche. Publikum kichert. Mentalist: "Und jetzt nimm den dritten Gegenstand und stecke ihn in die rechte vordere Hosentasche." Freiwilliger erinnert sich, dass dort schon was ist, zuckt mit den Schultern, und steckt den Gegenstand in die linke vordere Tasche. Dass der Rest nicht mehr funktionieren kann, ist klar. An diesem Punkt wäre es natürlich günstig, mit dem Assistenten einen Notfallcode ausgemacht zu haben -- irgendwas in der Form "Achtung, der Freiwillige ist ein Idiot; Tu so, als hätte er die Gegenstände in folgender Reihenfolge genommen: ...". Schlaue Assistenten sind bei sowas natürlich auch immer hilfreich. Jedenfalls habe ich Realität und Plan verglichen, und hätte der nette Mensch aus dem Publikum mitgespielt, hätte der Trick geklappt. Wirklich schade, dass glaube ich durch den Patzer im ersten Teil der zweite Teil des Tricks nicht mehr vorgeführt werden konnte. Ich nehme an, da wäre noch mehr gekommen.)

Nach 20-minütiger Pause folgt der zweite Teil, der meine Meinung endgültig von "sehr brauchbarer Amateur" zu "noch etwas unerfahrener Profi" verbessert.

Vom ersten Trick nach der Pause, der auf einem Tisch stattfindet und wegen der etwas kleinen Karten mit einer von oben auf den Tisch gerichteten Kamera auf die Leinwand übertragen wird, wage ich zu verraten, dass der eigentliche Trick sogar im Blickfeld der Kamera (und direkt vor der Nase der Freiwilligen) stattfand. Ich nehme an, dass aber niemand, der nicht weiß, worauf er achten muss, in dem Moment dort hinschauen würde. Sehr nett gemacht jedenfalls; Hätte ich ein bisschen mehr Fingerfertigkeit, würde ich den ungeniert abkupfern. (Nachahmung ist die aufrichtigste Form der Bewunderung.)

Zwischendurch überrascht mich der Pianist, der bislang nur mit zu langen Stücken gelangweilt hatte, mit sowohl einer guten Falsett- als auch einer guten Bass-Stimme. Ich plädiere dafür, dass er singen statt klavierspielen sollte. (Wobei das Geklimpere von der Spieltechnik her wahrscheinlich auch ganz okay war; Aber ich geh nun einmal nicht zu so einer Vorstellung, um Musik zu hören.)

Nur mäßig gut klappt der nächste Trick, leider wieder auf Grund einer lästigen Freiwilligen. Es geht um Telepathie, der Mentalist bittet dabei explizit um Freiwillige, die an Telepathie glauben. Ich glaube, dass das das eigentliche Problem war; am geeignetsten für solche Tricks sind meiner Meinung nach Leute, die nicht daran glauben. Dass die Freiwillige ganz ohne Zutun des Mentalisten ihre persönlichen übersinnlichen Erlebnisse hatte, war dem Trick jedenfalls nicht förderlich. Übrigens haben wir denselben Trick in wesentlich schlechterer Ausführung vor Kurzem bei Waayatan gesehen.

Der letzte Trick, der mit dem ganz am Anfang vorgeführten Film zu tun hat, klappt leider ebenfalls nicht. Trotzdem finde ich es sehr kreativ, einen Trick zu nehmen, der auf einer gängigen Zaubermethode beruht, und so zu tun, als würde er auf einer anderen gängigen Methode beruhen.

Einziges ganz kleines Manko für mich ist die implizite Behauptung (oder zumindest nicht richtiggestellte Annahme des Publikums), alle "Experimente" würden tatsächlich auf Manipulation und/oder psychischen Fähigkeiten beruhen, und nicht auf Tricks. Zauberkunst ist eine Kunst. Ich schätze es nicht besonders, wenn sie ins Licht der Scharlatanerie abrutscht, indem sowas behauptet wird.

Die drei missglückten Tricks dagegen ergeben für mich keine Abzüge vom Gesamtbild. Sie waren alle drei gut durchdacht und sind leider an den freiwilligen "Helfern" gescheitert. Die spontanen Improvisationen des Mentalisten, um noch ein bisschen was davon zu retten, waren sogar recht gut. (Wer sehen will, wie man einen verunfallten Trick nicht rettet, möge sich diesen Auftritt ansehen einer gewissen Person, die ich wie gesagt nicht als Zauberkünstler bezeichnen möchte.)

Fazit: Es ist erfrischend zu sehen, dass es nach wie vor wirklich gute Shows gibt, die mit einfachsten Mitteln auskommen. (Auch wenn ich bekanntlich auch nach wie vor ein Fan von Aaron Crows hochtechnischen Spielereien bin.) Kein einziger der Tricks war 08/15, das Programm schlüssig und nicht nur einfach eine Aneinanderreihung von zusammenhanglosen "Experimenten", und der Abend (bis auf die etwas langwierigen Klavierstücke) gelungen.

Wer meine üblichen Verrisse von Next Uri Geller gelesen hat, weiß, dass ich mit Lob bei Zauberkünstlern sparsam bin. Dieses hier ist verdient.

Nächste (und möglicherweise letzte) Vorstellung: 8. Oktober 2009, 20:00, Gasthaus "Weisser Wind" in Zürich. Kartenvorverkauf auf www.tischendorf.ch oder www.starticket.ch, weitere Informationen auf www.mindgames.ch. Hingehen.

lG Birgit

P.S.: Über den Umweg der Gemeinschaft Europäischer Mentalisten habe ich auch die Homepage von Mike Fingerhut ausfindig gemacht, zu finden hier: http://www.mikemagic.ch/. Mal sehen, ob wir ihn irgendwann bei Uri sehen werden.

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