Monday, April 13, 2009

Osterbrauchtum in der Mittelsteiermark -- Karsamstag

Erster großer Programmpunkt des Tages ist die Fleischweihe. Dafür werden verschiedene Lebensmittel in einen Korb gepackt. Auf jeden Fall dabei sein muss Geselchtes (= Osterfleisch), Osterbrot, (gefärbte) Eier, Salz und Kren. Der Korb wird dann in die Kirche getragen zur Fleischweihe und dort (meist) nach vorne zum Altar gestellt. Die Uhrzeit ist dabei sehr unterschiedlich, da Fleischweihen an sehr vielen Orten abgehalten werden und die meisten Priester deshalb -- wegen Priestermangel und dergleichen Sorgen -- von 09:00 bis 16:00 non-stop unterwegs sind und alle 30 Minuten in einer anderen Kirche die besagte Weihe zelebrieren.

Entsprechend kurz gehalten ist diese dann auch. Ein paar einleitende Worte, dann ein paar Worte über die Speisen und ein paar Weihwasserspritzer über die Körbe, einige Fürbitten, und gehet hin in Frieden. Je nach Sinn für Humor des Priesters sind die 10 Minuten zwischen Beginn und Schluss manchmal recht lustig. Mein Favorit ist nach wie vor derjenige, der in Zeiten kircheninterner Krisen vor ein paar Jahren betont hat: "Herr, segne den Kren. Also, den Kreen, nicht den Krenn."

So oder so, nach überstandener Fleischweihe ist die Fastenzeit dann offiziell vorbei, und man kehrt mit dem Korb heim um zu schlemmen. (Ja, auch meinem Gefühl nach etwas zu früh, weil sich zwischen Freitag 15:00 und Samstag keine drei Tage ausgehen, nicht einmal bei gutmütiger Zählung des "am dritten Tage auferstanden". Mit gutmütiger Zählung wäre Freitag der erste Tag, Samstag der zweite und Sonntag der dritte. Allerdings neigen Christen und insbesondere Österreicher ja dazu, alles schon am Vorabend zu feiern, und aus Vorabend ist halt irgendwann Vorvormittag geworden.)

Zweiter Programmpunkt des Tages ist dann (falls man nicht in Graz wohnt) das Osterfeuer, das nebst einem geselligen Zusammenkommen auch eine gute Gelegenheit ist, die Gartenabfälle eines ganzen Jahres zu entsorgen. Als weitere Unterhaltungsfaktoren (nebst dem Spektakel für Hobbypyromanen) kann man dann je nach Präferenz noch Würstel und Steckerlbrot über dem Feuer braten, oder versuchen, mit Anlauf über den brennenden Haufen zu springen. (Letzteres gilt insbesondere bei männlichen Jugendlichen zwischen 15 und 25 als beliebte Mutprobe und erfreut die Notärzte.)

Angezündet wird das Feuer meist nach Sonnenuntergang. Einerseits, weil es im Dunkeln besser ausschaut und dann auch weithin sichtbar ist -- in hügeligeren Gegenden ist es durchaus möglich, vom eigenen Garten aus ein Dutzend andere Osterfeuer zu sehen --, andererseits weil es Nachbarn von der dummen Idee abhält, wegen übermäßiger Rauchentwicklung die Polizei zu rufen.

lG Birgit

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