Thursday, January 8, 2009

Folter und Fernsehen

Rosamunde Pilcher anschauen zu müssen ist Folter. Aber darauf will ich gerade nicht hinaus.

Bei der heute auf ORF 1 ausgestrahlten Folge von "Without a Trace" hat der Regisseur versucht, einmal eine sehr kritische Stellungnahme zum Thema Folter abzugeben. Zum Inhalt der Folge: Einerseits geht es um einen vermutlich in einem Militärgefängnis "verschwundenen" jungen Mann; dass in diesem Gefängnis wahrscheinlich gefoltert wird, ist eines der zentralen Themen.

Um das Thema Folter aber wirklich ordentlich auszuschlachten -- pun intended --, will der Hauptverdächtige in einem damit verbundenen Entführungfall nicht ausplaudern, wo sich die Entführte befindet, er behauptet unschuldig zu sein. Der ermittelnde Polizist bekommt "Unterstützung" von einem CIA-Beamten, der -- erfolglos -- versucht, die Information aus dem Verdächtigen herauszubekommen, indem er ihn mehr oder weniger nackt fesselt, schlägt, und letztendlich droht ihm die Finger mit einer Geflügelschere abzuschneiden. Alles davon bis auf die Umsetzung der letzten Drohung passiert on-screen. Der Polizist steht die ganze Zeit mehr oder weniger unangenehm berührt daneben. Als der CIA-Mann die Geflügelschere aus der Tasche holt, versucht er zum ersten Mal einzugreifen, der CIAler beteuert allerdings, dass es noch nie so weit gekommen wäre, dass er die Schere tatsächlich eingesetzt hätte, und der Polizist gibt sich damit zufrieden. Der Verdächtige schildert panisch sein gesamtes Zusammentreffen mit der nun Vermissten und versichert noch einmal, dass er sie weder entführt noch getötet hat. Damit nicht zufrieden setzt der CIA-Beamte seine Drohung um und schneidet ihm einen Finger ab. (Im Film zu sehen ist nur die blutverschmierte Schere.) Daraufhin wirft der Polizist ihn endgültig hinaus.

Die gute Absicht in Ehren, gefallen mir doch nicht die Implikationen dieser Szene. Heißt das etwa, es wäre völlig in Ordnung jemandem zu drohen, solange man es nicht umsetzt? (Die Reaktion des Polizisten auf die Erklärung des CIAlers kann doch fast nur interpretiert werden als "Aha, sie wollen also ohnehin nur so tun als ob und die Schere nicht wirklich einsetzen? Na gut, dann nur zu.") Selbst wenn die Drohung doch gerade darauf beruht, dass das Opfer sie ernst nimmt? Irgendwie kommt mir das so vor, als würde man das berüchtigte Folter-Foto aus Abu Ghraib damit entschuldigen wollen, dass in Wirklichkeit gar kein Strom angeschlossen gewesen wäre. Das macht für den Betroffenen, der das nicht weiß, halt leider überhaupt keinen Unterschied...

Impliziert die Szene nicht weiters, dass der gesamte erste Teil -- der Gefangene wird immerhin gefesselt, gedemütigt und geschlagen -- gerechtfertigt ist? Bis zur ersten Androhung irreparabler Schäden zuckt der Polizist ja nicht einmal ernsthaft mit der Wimper...

Soweit hätte ich die Sache für sehr fraglich, aber nicht unbedingt eines blog-Beitrages würdig befunden. Was mir an der Folge wirklich sauer aufstößt, ist das Ende -- und zwar ironischerweise genau der Teil, mit dem der Autor seine Botschaft gegen die Folter noch einmal unterstreichen wollte.

Am Ende der Folge werden die Vermisste und ihre Mörderin dann mit den klassischen Ermittlungsmethoden ausfindig gemacht. "Es war überhaupt nicht notwendig ihn zu foltern, er wusste wirklich nichts.", erklärt die ermittelnde Polizistin ihrem Kollegen verächtlich, der daraufhin einen angemessen betretenen Gesichtsausdruck macht. Die Kamera blendet über auf einige abschließende Aufnahmen mit ... Moment. 30 Sekunden zurück, bitte. Es war also falsch ihn zu foltern WEIL ER NICHTS WUSSTE???? Und sonst wäre es richtig gewesen, oder wie darf ich das verstehen?

To be continued...

lG Birgit

(Alle Artikel in diesem blog sind persönliche Meinungen und erheben keinen Anspruch auf lückenlose Einhaltung der journalistischen Sorgfaltspflicht. Informationen zu tagesaktuellen und geschichtlichen Themen entsprechen dem, was ich bei manchmal recht unaufmerksamem Zuhören aus Nachrichten und Geschichtsunterricht aufgeschnappt habe und hin und wieder auf Wikipedia nachlese und können mitunter inkorrekt sein. Dieser Beitrag folgt nicht notwendigerweise in allen Punkten dem Pressekodex und kann nicht als zuverlässige Quelle zitiert werden.)

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